Bonner Querschnitte 02/2011 Ausgabe 156

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Nachruf für Mirjam Scarborough (1957-2011)

(Bonn, 06.01.2011) Das Internationale Institut für Religionsfreiheit (IIRF) der Weltweiten Evangelischen Allianz gedenkt in Dankbarkeit an Rev. Dr. Mirjam Scarborough, die am 4. Januar 2011 im Alter von 53 Jahren an Knochenmarkkrebs verstorben ist.

Mirjam Scarborough war stellvertretende Direktorin des IIRF-Büros in Kapstadt, Südafrika und geschäftsführende Redakteurin des Internationalen Journals für Religionsfreiheit. Sie begann ihre Mitarbeit beim IIRF im August 2007. Sie leistete einen entscheidenden Beitrag zum Aufbau des Kapstädter Zweiges des IIRF und war für den größten Teil der Verwaltung verantwortlich.

Sie war beteiligt an der Entwicklung des Internationalen Journals für Religionsfreiheit (IJRF) im Jahre 2008 und wurde dessen geschäftsführende Redakteurin. Mit großem Geschick hat sie die ersten drei Ausgaben herausgegeben.

Sie brachte in die Redaktionsgruppe die weibliche Perspektive ein. Es war auch ihre Idee, Interviews als eine neue Rubrik einzuführen und sie veröffentlichte eines mit einem herausragenden Verfechter der Religionsfreiheit und ein weiteres mit einer rumänischen Christin, die in der Vergangenheit schwere Verfolgung erlitten hatte. Dr. Scarborough betonte die pastorale Perspektive und eine Sicht der leidenden Kirche von der Basis aus. Sie hatte gehofft, ein Geschichtsforschungsprojekt durchführen zu können, das auf mündlichen Berichten lebender Zeugen von Verfolgung aus Glaubensgründen basiert.

Sie repräsentierte das IIRF auch in Südafrika und international bei verschiedenen akademischen und christlichen Konferenzen. Anlässlich der Vollversammlung der Weltweiten Evangelischen Allianz in Pattaya, Thailand im Oktober 2008 wurde die Erstausgabe des Journals veröffentlicht, und sie half mit, es unter den Teilnehmern zu verbreiten. Dieser Auftritt wurde zum internationalen Durchbruch des Instituts schlechthin.

Eine weitere herausragende Veranstaltung des IIRF, bei der Dr. Scarborough mitarbeitete, war die internationale Konsultation in Bad Urach im September 2009. Dort wurde an der „Entwicklung einer evangelischen Theologie des Leidens, der Verfolgung und des Martyriums für die weltweite Kirche in ihrer Mission“ gearbeitet; ein Thema, das ganz ihrem pastoralen Interesse entsprach. Bedingt durch ihre Erkrankung nur wenige Monate später, blieb ihr Bericht über die Konsultation, der im IJRF erscheinen sollte, unvollendet.

Zwischen der Herausgabe von zwei Ausgaben des Journals stellte sie ihre Dissertation fertig und erlangte im Juni 2009 den Doktorgrad der Universität Kapstadt. Sie hatte Berufungserfahrung als möglichen Unterstützungsfaktor im Missionseinsatz von mennonitischen Missionarinnen in Afrika aufgrund von mündlichen Berichten und Archivquellen untersucht.

Als sie Ende 2009 aus Krankheitsgründen gezwungen war, ihre Arbeit für das Journal und das Institut niederzulegen, wurde ihr in Anerkennung für ihren Einsatz vom IJRF der Titel Honorary Editor (Herausgeberin ehrenhalber) verliehen.

 

Mirjam Scarborough stammte aus einer Mennonitenfamilie in Menzingen/Zug, einem kleinen Dorf in der Schweiz. Sie machte ihre Matura in Bülach bei Zürich und schloss ihr Theologiestudium 1983 mit einem Master of Divinity der FETA/STH in Basel ab. 1982 heiratete sie Thomas Scarborough, einen südafrikanischen Mitstudenten und zog mit ihm nach Südafrika zurück. Dort wurde sie 1983 in der Congregational Church (EFCC) ordiniert und teilte sich das Pastorat mit ihrem Ehemann in Gemeinden in Port Elizabeth und Kapstadt. Sie führten ein vorbildlich einfaches Leben in einer multikulturellen Stadtzentrums-Gemeinde in Seapoint, die von vielen Krisensituationen, und der Arbeit sowohl mit Flüchtlingen als auch mit Millionären geprägt war. Zusätzlich wirkte sie als Rednerin auf Konferenzen und als Mitglied verschiedener örtlicher übergemeindlicher Komitees.

Wir erinnern uns an Mirjam Scarboroughs als eine einfühlsame und fürsorgliche Nachfolgerin Jesu, die ohne viel Aufsehen zu erregen, ihren Dienst in Bescheidenheit, Sanftmut und Demut getan hat.

Wir sind von tiefer Dankbarkeit erfüllt für ihren fleißigen Einsatz bei der Entwicklung von akademischer Forschungsarbeit und Veröffentlichungen zur Förderung der Religionsfreiheit und zu Gunsten von Verfolgten aus Glaubensgründen.

Mirjam Scarborough trug ihr über ein Jahr dauerndes eigenes Leiden mit großer Fassung. Sie war bereit zu sterben, hoffte jedoch gleichzeitig darauf, zu genesen und ihre Arbeit an dieser Stelle in Gottes Werk wieder aufnehmen zu können. Ihr Ehemann berichtet, dass sie Ruhe gefunden hatte, als sie starb, und einen großen Frieden ausstrahlte – was nicht selbstverständlich ist.
Wir möchten Thomas Scarborough und ihrem Sohn Matthew unser herzlichstes Beileid aussprechen.

Das geistliche Erbe, das Mirjam Scarborough hinterlässt, ist ihr Verständnis von Gott als mächtigem, gnädigem, gegenwärtigem Helfer seiner Gemeinde. Es war für sie von äußerster Wichtigkeit – sie bat ihren Ehemann, dies nach ihrem Heimgang zu betonen –, dass die Gemeinde nicht als menschliche Aufgabe, sondern als Gnadenwerk Gottes selbst angesehen werden sollte, und es war ihr eine Not, dass zu viele Christen unter der Last des Dienstes und des Widerstandes zusammenbrechen, weil sie glauben, die Last allein tragen zu müssen, obwohl Gott selbst alle Lasten auf sich nimmt.

Als Christen glauben wir, dass ihr Sehnen, Wohnung im Hause Gottes nehmen zu dürfen (wie Psalm 84 es ausdrückt, um den sie für ihren Gedenkgottesdienst gebeten hat), erfüllt worden ist. Wir freuen uns darauf, sie eines Tages in der Stadt Gottes, wie die Offenbarung (21,1-4) sie beschreibt, wiederzusehen, wo Gott selbst alle Dinge neu macht und allen Schmerzen und aller Verfolgung und Ungerechtigkeit ein Ende bereitet.

Dr. Christof Sauer, Kapstadt, Südafrika
Prof. Dr. Thomas Schirrmacher, Bonn, Deutschland
als Direktoren des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit
und im Namen des internationalen und südafrikanischen Vorstandes und der Mitarbeiter

 

Downloads:

  • Initiates file downloadFoto: Dr. Sauer und Dr. Scarborough bei der Promotionsfeier 2009

Dokumente

BQ0156_01.pdf